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Makrofotografie mit Balgen

Heute mal ganz „Old-School“.
Unterwegs mit dem Balgen. Durch den langen Auszug lassen sich auch extreme Makrobereiche erschließen. Allerdings hat dies einen großen Nachteil: Der Lichtverlust ist extrem. Eure Kamera sollte also hohe ISO Zahlen vertragen.

Makrofotografie mit dem Balgengerät

Der Balgen ist eigentlich ein Relikt aus der analogen Fotografie und diente dazu den Nahbereich eines Objektives durch den Auszug des Balgens zu erweitern. Da die meisten Objektive nicht für den Nahbereich gerechnet waren, gab es verschiedene Makroköpfe zum Beispiel von Novoflex. Diese findet man immer noch ab und zu bei Ebay für um die 100 Euro (z.B. das 4,0/105mm). In Verbindung mit dem passenden Balgen (Auf Bajonettanschluss achten!) lassen sich so im Extremstfall Abbildungsmaßstäbe von bis zu 8:1 bei vollem Auszug erzielen. Das heißt also eine achtfache höhere Vergößerung im Vergleich zu den „normalen“ Makroobjektiven auf dem Markt, die in der Regel „nur“ 1:1 schaffen.
Allerdings haben Balgen einen großen Nachteil, je weiter der Auszug, desto weniger Licht kommt am Sensor an. Es gibt bestimmt Seiten im Internet die das in Blenden ausrechnen können, ich kann nur aus der Praxis berichten. Ein voll ausgezogener Balgen schluckt extrem viel Licht und Aufnahmen ohne Blitz mit reinem Tageslicht sind nicht mehr möglich. Dazu kommt noch, dass das Sucherbild sich bei Spiegelreflexkameras extrem verdunkelt und ein Scharfstellen sehr schwierig macht. Durch den extremen Vergrößerungsfaktor bei ausgezogenem Balgen wird das Bild durch die längeren Verschlußzeiten schon nur allein durch das Auslösen der Kamera (Tippen auf den Auslöser) garantiert verwackelt. Von daher sollte man immer einen Fernauslöser (Kabel oder per HandyApp) zum Auslösen benutzen.
Um den Lichtverlust auszugleichen helfen spezielle Makroblitzsysteme, wie zum Beispiel das von Novoflex. Dieses aus mindestens zwei Blitzgeräten bestehendes System wirft eine Art Zangenlicht auf das Objekt (siehe nachfolgende Bilder). Die extrem schnelle Abbrennzeiten der Blitze von 1/15.000S oder kürzer sorgen mit etwas Erfahrung für scharfe und gut ausgeleuchtete Bilder. Aber auch mit den vielen anderen erhältlichen Blitzen und einem entsprechenden Blitzhaltesystem für die Makrofotografie lassen sich schon schnelle Blitzzeiten erzielen. Einfach mal bei Novoflex auf die Seite schauen.

 

Ist ein Balgen heutzutage eigentlich noch zeitgerecht?

Eine schwierige Frage: Eigentlich nicht. Aber………
Grundsätzlich ist ein Balgen eine kostengünstige Alternative zu teuren Makro- oder Lupenobjektiven, die es einem ermöglichen in die Makrowelt hinein zu schnuppern und zusätzlich noch extreme Abbildungsmaßstäbe zu erzielen. Die Qualität der Aufnahmen hängt sehr vom gewähltem Objektiv ab. Wie schon erwähnt sollte es ein speziell für den Nahbereich entwickelter Makrokopf sein. Aber auch mit allen anderen Objektiven lassen sich passable Aufnahmen erstellen. Wichtig ist nur, dass das Objektiv manuell abgeblendet werden kann, denn eine elektronische Übertragung der Blende an das Objektiv findet bei den älteren, günstigen Balgensystemen nicht statt und die Blende und Verschlusszeit  muss per Hand eingestellt werden.
Ein weiterer Nachteil ist, dass die Objektive oft nicht für die hochauflösenden Sensoren (Größer 25 MP) der heutigen Kameras gerechnet sind. Man sollte also keine Wunder erwarten was die Qualität angeht. Jedoch sind die Bilder absolut vorzeigbar (siehe auch Bilder weiter unten).

Einen Balgen mit M42 Anschluß bekommt man schon für um die 50 Euro, ein passendes Objektiv wie z.B. ein 2,8/135mm auch für ca. 50 Euro. Dazu kommt dann noch ein M42 Adapter für das eigene Kamerabajonett (ca. 15 Euro) und man kann bereits für etwas über 100 Euro loslegen und den Makrobereich erkunden. Wer mehr möchte sollte sich dann über Makroblitzsysteme und Makroköpfe Gedanken machen oder sich gleich ein gutes Makroobjektiv kaufen.
Vergleich Balgen und Makroobjektiv

Ein nicht gerade fairer Vergleich, denn die Balgentechnik hinkt mit Sicherheit der aktuellen Fototechnik weit hinterher und heutzutage können viele Kameras „Fokus Stacking“ und ähnliche Dinge. Ein älteres Makroobjektiv mit ca. 100mm Brennweite und Autofokus bekommt man bereits ab 200 Euro. Aber auch hier sollte man keine Wunder erwarten, da die älteren Objektive ebenfalls nicht für die modernen, hochauflösende Sensoren gerechnet wurden. Ein aktuelleres Sigma 150mm kostet dann auch gleich ab 400 Euro (gebraucht) oder ein Canon 100 mm mit IS um die 500 Euro und so weiter. Die Aufnahmen sind dann aber auch gestochen scharf (wenn man alles richtig gemacht hat 🙂 ).

Wie schön erwähnt findet keine elektronische Übertragung von Daten von der Kamera zum Balgengerät statt und somit muss die Schärfe und Blende manuell eingestellt werden. In der Praxis fokussiere ich das Objektiv auf die Naheinstellgrenze und suche die Schärfe dann durch langsames Vor- und Zurückdrehen der Einstellschiene des Balgens. Das sollte natürlich auf einem Stativ stattfinden, da es sonst nahezu unmöglich ist die gefundene Schärfe auch zu halten. Da das Scharfstellen relativ lange dauert, kann man sich vorstellen das ein Balgen nicht unbedingt für bewegte Objekte, wie z.B. laufende Insekten oder ähnliches geeignet ist. Aber für Blüten oder andere Details in der Natur ist das System durchaus geeignet und eröffnet völlig neue Welten im extremen Makrobereich.

Ein Makroobjektiv hat zwar nicht den hohen Vergrößerungsfaktor eines Balgens, jedoch ist es damit deutlich einfacher Aufnahmen zu machen. Objekt anvisieren, automatisch scharfstellen, auslösen und fertig. Es erschließt sich damit zwar nicht der extreme Makrobereich, aber auch bei einem Abbildungsmaßstab von 1:1 lassen sich faszinierende Aufnahmen erstellen. Und zu Not läßt sich der Nahbereich auch mit Zwischenringen noch erweitern, bei entsprechendem Lichtverlust natürlich.

 

Vor- und Nachteile Balgen

Vorteile

  • Günstig in der Anschaffung
  • Extreme Abbildungsmaßstäbe sind möglich
  • Spaß an alter Technik

Nachteile

  • Schärfe und Kontrast nicht zeitgemäß, muß nachbearbeitet werden
  • Schwieriges Scharfstellen
  • Nur mit Stativ möglich
  • Dunkles Sucherbild

 

 

Vor- und Nachteile Makroobjektiv (im Vergleich zum Balgen)

Vorteile

  • einfaches Scharfstellen dank Autofokus
  • helles Sucherbild
  • gute Schärfe und Kontrast
  • Auch ohne Stativ nutzbar

Nachteile

  • teuer in der Anschaffung
  • ohne Hilfsmittel „nur“ Abbildungsmaßstab 1:1

 

Fazit

Meiner Meinung nach lohnt sich die Anschaffung eines Balgengerätes in jedem Fall. Jeder der die 100 Euro über hat, sollte es einfach mal ausprobieren. Nicht nur allein wegen der extremen Abbildungsmaßstäbe, sondern auch um zu Lernen. Denn ein Balgengerät zwingt einen dazu alles langsamer zu machen, man schaut viel öfter durch den Sucher und ändert vielleicht noch einmal den Ausschnitt oder den Standort. Man gestaltet also viel mehr als mit einem Makrobjektiv, welches einem durch das schnelle Scharfstellen und kein Stativzwang oftmals nur zum „Knipsen“ verleitet.
Probiert es aus!

Story Bilder

Makroaufnahmen mit Balgen

Eingesetzte Technik

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Technik und Entstehung

Benutzte Ausrüstung:

Kameras:

  • Canon 7D MK II
  • Canon 70D
  • Olympus E-M1 MK I + II
  • Olympus E-M5 MK II

Balgen:
verschiedener Hersteller mit M42 Anschluß (Pentax, Berow, Pentacon und Novoflex)

Objektive:
Novoflex Makrokopf 4,0/105mm, Pentacon 2,8/135 mm

Zubehör:
Novoflex Makroblitzsystem,
Stativ (Manfrotto, Rollei), Novoflex Einstellschlitten, Novoflex Kugelkopf

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